Vermeintlich gute Tipps
Vermeintlich gute Tipps rund ums Auto gibt es in Hülle und Fülle. Oft werden sie über Generationen weitergegeben. Einige mit gutem Recht. Aber viele halten sich erstaunlich lange, obwohl sie technisch längst überholt sind und – schlimmer noch – teuer zu stehen kommen können. Beispiel: „Ein immer noch weitverbreiteter Irrtum ist, dass bei einem Reifenwechsel – beispielsweise von Sommer- auf Winterreifen – Radschrauben mit aller Gewalt festgeschraubt werden müssen, um sicher zu halten“, schildert Ann-Christin Mainz von TÜV SÜD einen der vermeintlich guten Ratschläge.
Wer dazu gar noch einen Schraubenschlüssel mit Verlängerung, also mit größerer Hebelwirkung, benutzt, kann die Schrauben am langen Arm kurzerhand abreißen. Vor allem bei den beliebten Leichtmetallfelgen sollte man besonders vorsichtig sein. „Das berühmte Nachziehen der Schrauben nach zehn bis 100 Kilometer Fahrt gilt zwar unverändert, macht aber nur mit dem Einsatz eines Drehmomentschlüssels Sinn“, gibt die TÜV SÜD-Fachfrau zu bedenken.
Unverändert beliebt ist der Einsatz der sogenannten Stotterbremse. Die sollte jedoch allenfalls nur noch am Stammtisch verbal aktiviert werden. Im automobilen Alltag hat sie nichts mehr verloren. Spätestens durch das Anti-Blockier-System (ABS) ist diese Bremstechnik hinfällig. Wer trotzdem daran festhält, verlängert den Bremsweg unnötigerweise und riskiert dramatische Folgen. Die TÜV SÜD-Expertin rät: „Bei Gefahr stets voll zu bremsen.“
Vor dem Abstellen des Motors noch einmal kurz Gas geben, das kann man immer noch beobachten. Angeblich sollten so die Ventile geschmiert und damit der nächste Start erleichtert werden. „Alles blanker Unsinn, der kam auf, als ein Auto vor der Jahrhundertwende noch einen Vergaser besaß“, rückt Mainz den Stand der Technik zurecht: „So wird allenfalls Sprit verschwendet.“ Und Türschlösser mit Grafit zu schmieren, entspricht ebenfalls nicht mehr zeitgemäßer Technik. Grafit ist zwar kein Gift für Türschlösser, aber an dieser Stelle inzwischen eher ein Schmutz- als ein Schmiermittel. Die heutige Schließzylindertechnik verlangt vielmehr modernere Schmiermittel, beispielsweise auf Teflonbasis. Mit speziellen Schließzylindersprays hält man die Türschlösser deutlich funktionsfähiger.
Auf der gleichen Ebene bewegt sich der Tipp, zu Winterzeiten vermeintlich preisgünstigen Spiritus, statt teurerer Frostschutzmittel in die Scheibenwaschanlage zu füllen. „Auch, wenn Spiritus eines der besten Frostschutzmittel ist, hat er in der Scheibenwaschflüssigkeit nichts verloren“, aktualisiert die TÜV SÜD-Fachfrau den Katalog guter Ratschläge: „Spiritus verursacht nämlich Schlieren auf der Scheibe sowie einen unangenehmen Geruch.“ Besser und bei vielen Discounter zu Beginn der kälteren Jahreshälfte im Sonderangebot, sind spezielle Frostschutzlösungen – übrigens meist mit deutlich angenehmerem Zitrusduft.